Der Trompeter von Fürstenwalde

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Die Geschichte des Stabstrompeters Reinhold Sachs 1835 – 1914

(1.Brandenburgisches Ulanenregiment -Kaiser Alexander II. von Russland- Nr.3)

Reinhold Sachs wurde am 10.Januar 1835 in Gräfentonna bei Langensalza, damals Herzogtum Sachsen-Coburg, geboren.

Sein Vater leitete eine Musikkapelle.

Bereits als fast 12-jähriger trat er zu Weihnachten 1846 erstmals öffentlich als Musiker auf. In der Kapelle seines Vaters spielte er bei Streichmusik die 1.Violine und bei Blasmusik die Alt-Posaune.

Mit 14 Jahren trat er in Arnstadt in die Musikschule ein und machte unter der Leitung des Direktors Harraß soviel Fortschritte, dass er als 15-jähriger Schüler in Orchestern die 1. Trompetenstimme übernehmen konnte.

Am 01.10.1854 trat Reinhold Sachs als Trompeter beim 12. preußischen Husarenregiment (Torgau und Merseburg) ein. Er wechselte dann zum Garde-Kürassier-Regiment nach Potsdam, wo er bei Wiprecht die Stabstrompeterprüfung bestand.

Seit dem 01.07.1859 gehörte er als Stabstrompeter zum Fürstenwalder Ulanenregiment und war Leiter des Trompeterkorps.



(Foto von 1865 , in der Mitte der Stabstrompeter Reinhold Sachs)



Am 10.März 1855 erhielt das Fürstenwalde Ulanenregiment, nachdem der Großfürst Alexander Nicolajewitsch unter dem Namen Alexander II. den russischen Kaiserthron bestiegen hatte, durch Kabinettsorder die offizielle Bezeichnung: „3.Ulanenregiment (Kaiser von Russland)“ .




Zar Alexander II , Ehrenkommandeur des Brandenburgischen Ulanenregiments Nr.3


1860 wurde diese Bezeichnung geändert und lautete fortan: „1.Brandenburgisches Ulanenregiment(Kaiser von Russland) Nr. 3“

Am 10.6.1864 fand in Potsdam eine Parade der preußischen Garderegimenter vor dem russischen Zaren und seinem Gastgeber, dem preußischen König sowie dem gesamten Hofstaat statt.

Auch das Fürstenwalder Ulanenregiment war zur Parade vor seinem Ehren-Chef beordert worden.

Dabei intonierte das Trompeterkorps der Ulanen anlässlich der Hoftafel vor den versammelten Majestäten erstmals den „Kaiser Alexander II Ulanen-Marsch „ den der damals junge Musikmeister und Stabstrompeter Reinhold Sachs eigens für diesen Anlass komponiert und dem Zaren gewidmet hatte.




Als Dank erhielt er vom Zaren eine goldene Uhr mit Kette.

Ihm wurde auch die Stelle eines Divisionskapellmeisters im Range eines Hauptmannes in der russischen Armee angeboten. Er lehnte dieses Angebot jedoch ab.

Sachs selber hat 50 Jahre später auf dem Deckblatt der Klavierfassung seiner Komposition handschriftlich diese Uraufführung des „Kaiser Alexander II. von Russland Ulanenmarsch“ dokumentiert.

Welchen Anklang dieser Marsch bei den kaiserlich- und königlichen Hoheiten seinerzeit gefunden hat, ist nicht überliefert.

Ein ausführlicher Bericht im Fürstenwalder Wochenblatt über die Teilnahme des Ulanenregiments an der Potsdamer Parade erwähnt die Uraufführung des Marsches durch das Trompeterkorps nicht.

Im Herbst 1864 konzertierte das von Stabstrompeter Reinhold Sachs geleitete Ulanen-Trompeter-Korps in Blankenburg im Harz anlässlich einer Hofjagd.

Der Herzog von Braunschweig schenkte dem Stabstrompeter als Anerkennung bei dieser Gelegenheit eine goldene Tabakdose.

Über kriegerische Ereignisse während der militärische Laufbahn des Stabstrompeters Reinhold Sachs gibt es folgenden Berichte:

„Am 3.Juli 1866 ritt das Fürstenwalder Ulanenregiment im preußisch-österreichischen Krieg bei Königsgrätz eine Attacke auf österreichische Infanterie. Weit vor der Front jagte er (Reinhold Sachs) neben dem Regimentskommandeur Oberstleutnant von Tresckow auf den Feind zu. Da legte ein Österreicher, im hohen Kornfeld knieend auf den Regimentskommandeur an.

Sachs, der dies bemerkte, sprengte auf ihn zu und machte ihn durch einen Revolverschuss kampfunfähig.“

(Fürstenwalder Zeitung vom 30.3.1909)

„Im Jahre 1870 , am 16.August abends, ritt er wieder neben dem Regimentskommandeur Oberst Graf von der Groeben vor der Front des Regiments bei Mars la Tour auf den Feind.“

Nach der Schlacht von Orleans am 4.12.1870 , als Quartiermacher des Stabes vorgeschickt , machte er in einem Gehöft drei Franzosen zu Gefangenen.“

(Fürstenwalder Zeitung vom 30.3.1909)

Ihm wurde im deutsch-französischen Krieg 1870/1871 das Eiserne Kreuz verliehen. Im Verlauf seiner Dienstzeit erhielt er weitere 11 Orden und Ehrenzeichen.

Am 09.11.1880 wurde Reinhold Sachs zum Königlichen Obermusikmeister befördert. Dieser Titel wurde später in „ Musikdirigent“ umbenannt.

Reinhold Sachs war aber auch – neben seinen Aufgaben als Militärmusiker - in großem Umfang im Fürstenwalder Musikleben tätig.

So war es üblich, dass die Militärmusiker unter der Leitung ihres Dirigenten bei besonderen kirchlichen Anlässen im Fürstenwalder Dom während der Gottesdienste auftraten.

Von 1860 bis 1865 war Oberstleutnant von Witzleben als Kommandeur des Regiment bestellt


Er führte, um die Verbundenheit des Militärs mit den Fürstenwalde Bürgern zu verstärken, die regelmäßígen Promenadenkonzerte des Trompeterkorps der Ulanen in den Parkanlagen ein, die jeweils mittwochabends um 19.30 Uhr stattfanden. .

Der damalige Leiter des Trompeterkorps, der Stabstrompeter Reinhold Sachs war ein beliebter und bekannter Musiker, der auch auf vielen Veranstaltungen der Fürstenwalde Gastronomen auftrat.


Besonders häufig waren jedoch Konzerte des Trompeter-Korps , die zur Unterhaltung der Zivilbevölkerung in Gaststätten veranstaltet wurden.

Dabei war das Ansehen des inzwischen zum königlichen Obermusikmeisters avancierten  Reinhold Sachs  in der Bevölkerung so groß, dass den annoncierenden Gastwirten  allein die pure Nennung des Namens „Sachs“ als Werbemaßnahme ausreichte.

Als Beispiel seien die Monate August und September 1887 genannt, in denen allein 8 Konzerte des Trompeter-Korps der Ulanen unter der Leitung des beliebten Stabstrompeters in der Fürstenwalder Zeitung angekündigt wurden . Es handelte sich um „Abonnementskonzerte“ ,“Militärkonzerte“, „ Reserve-Abschiedsbälle“ oder Konzerte , die einfach mit dem Wort „Sachs“ angekündigt wurden. Sie fanden im „Gesellschaftshaus“ , im „Tivoli-Restaurant“ im „Hotel Kronprinz „, in der „ Philharmonie“ oder in einer Gaststätte in Beerfelde statt.



Im Jahre 1888 erhielt Reinhold Sachs die hohe Auszeichnung , aus der Kuppel des Berliner Doms zu Ehren des Deutschen Kaisers ein Trompetensolo blasen zu dürfen. (Fürstenwalder Zeitung vom 27.6.1910)

Den Abschied aus der Armee nahm er nach 34 Jahren Dienst am 03.06.1893.

Sein Abschiedsfest wurde im Offizierskasino des 1893 zeitweise in Frankfurt(O) stationierten Ulanenregiments gefeiert und nach einem überlieferten Bericht zu einem denkwürdigen Ereignis.

Am 9.8.1907 dirigierte der „Altmeister“ , wie er in der Presse genannt wurde, zum Andenken an seinen verstorbenen Freund und Kollegen Schmidt die Kapelle des 12.Infanterie-Regiments in Frankfurt(O) , er selbst in Ulanen-Uniform, die Brust mit Orden geschmückt, den Beethoven`schen Trauermarsch und zwei seiner eigenen Kompositionen, den „Bannerweihe-Marsch“ und den „Garde-Korps-Marsch“ (DMMZ Nr.52 ,29.Jahrgang vom 28.12.1907)

Noch als 74-jähriger erregte er am 15.05.1909 in Fürstenwalde Aufsehen, als er hoch zu Ross und in jugendlicher Frische, bei dem Umzug anläßlich der Feier des hundertjährigen Bestehens des Ulanenregiments gemeinsam mit dem Obermusikmeister Haufe das Trompeterkorps anführte. ( Fürstenwalder Zeitung vom 16.Mai 1909)


Königl.Obermusikmeister Reinhold Sachs (In der Mitte,auf dem Schimmel)als Ehrengast am 15.5.1909 vor dem Trompeterkorps des Ulanenregiments anlässlich des 100-j.Jubiläums des Regiments



Das Trompeter-Korps des Fürstenwalder Ulanenregiments im Jahre 1907 mit Obermusikmeister Haufe


Bis zu seinem Tode am 29.08.1914 lebte er in Fürstenwalde im Ruhestand. Sein Wohnsitz war das Haus Bergstraße 2a, in dem auch sein Sohn , der Postbeamte Georg Sachs ,(nach dem Fürstenwalder Adreßbuch noch 1935) wohnte. Reinhold Sachs hinterließ neben dem Sohn noch 3 Töchter : Frau Clara Schlegel, Frau Helene Königsmark und Frau Elise Ulrich , wie sich aus der Todesanzeige vom 30.August 1914 in der Fürstenwalder Zeitung ergibt.




Nachruf des Ulanenregiments


Die Fürstenwalder Zeitung veröffentlichte am 31.8.1914 einen längeren Nachruf unter der Überschrift:

„Altmeister Sachs verstorben“

Nach einem Abriss über seinen Lebensweg, folgen die im Wortlaut wiedergegebenen, bemerkenswerten, aus der heutigen Sicht aber eigenartig anmutenden Elogen:

„Nun ist er, der alte wackere Soldat, den man bei offiziellen Feierlichkeiten mit Rührung und Verehrung in der Uniform sah, zu den großen Heerscharen da droben abberufen worden, gerade als seine Kameraden wieder in den Kampf für des Reiches Ehre und Herrlichkeit gezogen sind, als seine Trompete durch die zündende Gewalt der Töne die Kämpfenden zu kühner Tat anfeuerten, und sie die harten Kriegesmühen vergessen ließen. Die Erinnerung an die große Zeit vor 44 Jahren, in der er so oft an der Spitze geritten und mehr als einmal dem Tod ins Auge gesehen, hat ihn wohl zu sehr ergriffen, und er hat sich mit allen Fibern seines Herzens hinausgesehnt in frischgewagtes Reiten und Streiten. Und wenn es ihm auch nicht vergönnt war, selber Hand anzulegen an das große Werk- er soll es von droben, von seinem letzten „Kommando“ aus, mit ansehen, wie an deutschem Wesen die Welt genesen wird. Wenn wir den endgültigen Sieg unserer deutschen Waffen feiern werden, dann werden wir auch an Reinhold Sachs denken, an den Mann, der ein Menschenalter dem Vaterland gedient hat. Er ruhe in Frieden! „

Aus mehreren Quellen ergibt sich, dass Reinhold Sachs ein vielseitiger und schöpferischer Komponist war.

Neben dem „Kaiser- Alexander -II –von- Russland – Ulanen -Marsch „ auf dessen Fassung für Pianoforte die von ihm stammende handschriftliche Bemerkung steht:

„Dieser Marsch wurde vor 50 Jahren (dem 10.Juni1864)bei der Hoftafel in Potsdam geblasen. R. Sachs“,

habe ich in der Musikabteilung der Staatsbibliothek in Berlin- Unter den Linden, zwei weitere Notenexemplare für Pianoforte ausfindig machen und kopieren können:

-„Blüchers Geburtstagsgavotte „ Verlag Bratfisch, Frankfurt(O) Katalog Nr. 126 642 - „Jubiläumsmarsch „ gewidmet dem Fürstenwalder Industriellen Pintsch

   Verlag Bratfisch, Frankfurt(O) Katalog Nr. 126 644

Beide Kompositionen sind zwischen 1892 und 1897 verlegt worden, wie sich aus dem Hofrichter-Verzeichnis Band 11 ergibt.








Von allen anderen Kompositionen, die in Verzeichnissen genannt werden , konnte ich bisher keine Noten ausfindig machen:

Anfang April 2007 erhielt das Stadtmuseum unverhofft von Herrn Werner Puhlmann die Noten des„Bannerweihe-Marsches „ gewidmet dem Gastwirtsverband Fürstenwalde . Herr Puhlmann hatte die Noten im Nachlass der Eheleute Arthur und Hedwig Ostermann gefunden . Diese waren einmal Pächter des „Fürstenwalder Hofes“ , dem jetzigen Bürgerhaus.



Die Wahrscheinlichkeit , noch weitere Noten zu finden, ist äußerst gering, da meine Recherchen ,u.a. auch in der Deutschen Bibliothek Leipzig, Musikarchiv Berlin , in der Bayerischen Staatsbibliothek , im Archiv der GEMA Berlin u.ä. Stellen, bisher ergebnislos geblieben sind.

Folgende Kompositionen sind genannt worden: -„Reiterfest-Quadrille a la cour“ ,Verlag Geelhaar Fürstenwalde genannt in Hofrichter-Verzeichnis Band 9 (1885-1891) -„Trabmarsch“ -„Galoppmarsch“ beide genannt in „Toecke-Mittler“ Armee-Märsche II S. 120 und „Armin Suppan -Repertorium der Märsche für Blasmusik” II -„Bannerweihe-Marsch“ (Im April 2007 „aufgetaucht ! „) -„Gardekorpsmarsch“ beide genannt in DMMZ Nr.52,29.Jahrgang 28.12.1907 -„Jubelouvertüre über die russische Nationalhymne“ genannt in Fürstenwalder Zeitung vom 16.Mai 1909.


Die Wiederentdeckung des Trompeters von Fürstenwalde


Friedrich Stachat , der Fürstenwalder „Kulturfabrikant“ und Musikenthusiast bekam etwa 1999 von Florian Wilke , dem seinerzeitigen Direktors des Stadtmuseums Fürstenwalde , die Klavierfassung des Marsches des Stabstrompeter Reinhold Sachs in die Hände und veranlasste den vielseitigen Musiker Alexej Iljenko diese interessante , in Fürstenwalde entstandene Komposition bei Veranstaltungen des Fürstenwalder Kulturvereins e.V. auf dem Klavier in der Kulturfabrik vorzutragen.

Im Frühjahr 2000 gründeten der„Kulturfabrikant“ Friedrich Stachat und sein Freund, der Dirigent Alexej Iljenko , das Kammerorchester Fürstenwalde.

Alexej Iljenko erarbeitete dann eine Orchestrierung des „Ulanenmarsches“ für ein Streicherensemble und schuf damit die Voraussetzungen für die Aufführung in der Kulturfabrik beim Neujahrskonzert am 5.Januar 2002 durch das Kammerorchester.

In dem Pressebericht über das Neujahreskonzert wurde die Aufführung des Marsches als „Leckerbissen“ gelobt.






Als Besucher dieses Konzertes fand ich soviel Gefallen an dem Stück, dass ich mich entschloss, Näheres über den in Vergessenheit geratenen Fürstenwalder Komponisten herauszufinden.

Ich nahm u.a. Verbindung zur Deutschen Gesellschaft für Militärmusik auf.

( Deutschen Gesellschaft für Militärmusik e.V. 58540 Meinerzhagen  - Vorsitzender Herr Hasso Krappe  - ) 

Dieser übersandte ich eine Kopie der Fassung für Pianoforte des „ Kaiser Alexander II von Rußland-Ulanenmarsches“ und erhielt nur Wochen später ein von dem Musikdirektor Hans Ahrens, Platz der Einheit 9, 14467 Potsdam kostenlos erarbeitetes Stimmenmaterial für heutiges großes Blasorchester. (34 Stimmen)

Das Fürstenwalde Jugendblasorchester :

„I. Brandenburgisches Gardemusikkorps“

hat diese Fassung einstudiert und mehrfach zur Aufführung gebracht.


Ich hege die Hoffnung , dass der „Kaiser Alexander-Ulanenmarsch“ mit der Zeit zu einer inoffiziellen Hymne der Stadt Fürstenwalde werden könnte.



Die vorstehenden Ergebnisse meiner Recherchen sind u.a. von Herrn Museumsdirektor a.D. Florian Wilke, seinem damaligen Mitarbeiter und jetzigen Museumsdirektor Herrn Guido Strohfeld, Herrn Wolfgang Weber vom Museumsverein Fürstenwalde ,vom Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Militärmusik e.V. Herrn Hasso Krappe ,58540 Meinerzhagen, Genkeler Str. 49 , Herrn Musikdirektor Werner Kunath, Heinrich Budde Str.10 , 04157 Leipzig ,Frau Karin Ritter , Deutsche Bibliothek, Deutsches Musikarchiv ,Gärtner Str. 25-32 ,12207 Berlin ,Herrn Wolfgang Schumann ,Komponist, Platanenstr.30 a ,15566 Schöneiche , Herrn Musikdirektor Siegmund Goldhammer , Kötztinger Str. 13, 10318 Berlin –Karlshorst u.a. freundlicherweise unterstützt worden, wofür ich allen zu Dank verpflichtet bin.



Anlagen

1.Brief des Herrn Joachim Schneider vom 16.09.1996, 2 Seiten 2.Brief der Deutschen Gesellschaft für Militärmusik vom 05.04.2002 3. Handschriftliche Abschrift aus der DMMZ Nr.52 vom 28.12.1907 4. Idealisierte Ulanengruppe , etwa um 1870