Dr. Ulbricht in der Hitlerzeit - ein Lehrer an der Aufbauschule

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Dr.Ulbricht in der Hitlerzeit[Bearbeiten]

Zusammenstellung von Alfred Wegewitz[Bearbeiten]

Hitlers Machtergreifung im Januar 1933 ( und damit der Beginn der Nationalsozialistischen Diktatur) hatte fatale Folgen für die vereinigten Fürstenwalder Oberschulen - das Städtische Gymnasium und die Staatliche Aufbauschule.

Aus der bildlichen Darstellung zweier 10.Klassen dieser Schulen im Abstand von 10 Jahren kann man die Konsequenzen für die Schüler deutlich erkennen, ohne weitere Worte darüber verlieren zu müssen..

1934 u.a. Dr.Kleemann ,Bad Saarow
1944 u.a.Bredow, Bennewitz, Wegewitz


Auch für die Lehrkräfte der Schulen war die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten zum Teil sofort folgenschwer.

Für Dr.Ulbricht begannen damit erhebliche Schwierigkeiten wegen seiner eindeutigen demokratischen Einstellung , die sich in seiner Weigerung manifestierte, der NSDAP und dem Nationalsozialistischen -Lehrerbund beizutreten.

Lehrkräfte, die den Nationalsozialisten nicht genehm waren ,wurden 1933 unmittelbar nach der sogenannten „Machtergreifung“ gemaßregelt , z.B. entlassen, wie der OStD Dr.Tacke , der der SPD angehörte oder der Studienrat Königsberger , weil er ein Jude war.

Nach der Erinnerung des Wolfgang Ulbricht,Sohn des Studienrates Dr.Ulbricht , der von 1931 bis 1939 das Fürstenwalder Gymnasium besuchte , erschien damals der Studienrat Maiß , der den Rang eines SA-Sturmführers bekleidete , bei den betroffenen Lehrern und teilte ihnen mit, daß sie mit sofortiger Wirkung nicht mehr das Schulgebäude betreten dürften


Andere Lehrer wurden , weil sie den Nationalsozialisten nicht genehm waren , zwangsversetzt oder zwangspensioniert.

Dr.Ulbricht mußte sich ebenfalls als der Fürstenwalder Ortsvorsitzender der Deutschen Staatspartei, die 1930 aus der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei hervorgegangen war, besonders gefährdet fühlen.

Diese Partei wurde bereits im Juni 1933 durch Druck der Nationalsozialisten aufgelöst.











Registerauszug Philologenverband


Die Ehefrau von Dr.Ulbricht hatte in der Staatspartei die Funktion der Kassenwirtin für Fürstenwalde und den Landkreis Lebus. Ihr Versuch , diese Aufgabe beizubehalten , brachte es mit sich, daß sogar die Anstellung ihres Ehemannes im städtischen Gymnasium in Gefahr geriet. Der Philologenverband , eine Berufsvereinigung der Lehrerschaft höherer Schulen , in dem Dr.Ulbricht ebenfalls aktiv war , wurde 1936 aufgelöst, weil er sich nicht von den Nationalsozialisten „gleichschalten“ ließ , wie man damals die Tatsache nannte ,daß sich eine bürgerliche Vereinigung nicht ihrem Diktat unterwerfen wollte.




Man verbot Dr.Ulbricht außerdem , die ihn an Berlin bindende Tätigkeit als ehrenamtliches Mitglied der Reichsleitung des V D A und 1.Vorsitzenden dieses Verbandes für Berlin und Brandenburg weiter auszuüben.. Leider konnten wir aus dieser Zeit nicht viele Dokumente erwerben., die einen direkten Bezug auf Dr. Ulbricht und seine Situation im schulischen Bereich oder im gesellschaftlichen Leben seiner Heimatstadt haben. Eine Anzahl von Gruppenaufnahmen vor dem Hauptportal der Aufbauschule , die im folgenden Text abgebildet werden , ist ohne genaue Zeitangaben überliefert. Es sind aber fast die einzigen Dokumente aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 , die Dr.Ulbricht im Kreise seiner Kollegen und eines Teils seiner Schüler zeigen.

Wir haben versucht, eine Datierung der jeweiligen Aufnahmen vorzunehmen . Diese Angaben bitten wir unter dem Vorbehalt zu verstehen, daß sie lediglich auf persönlichen Erinnerungen beruhen.


Jungmänner des „Kameradschaftsheimes" (KH)



Auf allen Gruppenfotos (bis auf der vermutlich 1934 entstandenen Aufnahme mit den vielen Uniformträgern ) ist Dr.Ulbricht als Mitglied des vereinten Lehrkörpers von Städtischem Gymnasium und Staatlicher Aufbauschule für Jungen anwesend. Dieses Bild zeigt ME die sogenannten „Jungmänner „des „Kameradschaftsheimes (KH)“,also des etwa 1934 eingerichteten Internats der Staatlichen Aufbauschule vor dem Hauptportal des Schulgebäudes. Diese Internatsschüler sind , zusammen mit einigen Lehrern zu sehen, die überwiegend –offenbar demonstrativ -Uniformen von nationalsozialistischen Organisationen tragen. Der zweite - von links - ,sitzend in SA-Uniform ,ist der Oberlehrer und spätere Studienrat Franz Maiß, der mit einiger Sicherheit zu identifizieren ist. Die „Jungmänner „ tragen überwiegend „Jungvolk“ - oder „Hitlerjugend“ – Uniformen.. Letztere Uniform unterscheidet sich insbesondere durch die Armbinde mit dem Hakenkreuz von der „Jungvolk-Bekleidung“ für die 10 – 14-jährigen Schüler. Die beiden älteren Herren in dunkler Uniform mit Hakenkreuzarmbinden dürften Lehrer sein, die sich als Parteigenossen der NSDAP und als sog. “Amtsleiter“ präsentieren.






Lehrerkollegium beider Oberschulen



Die folgende Aufnahme stammt etwa aus dem Jahre 1935. Zu sehen sind die „ Jungmannen“ des KH mit dem Lehrerkollegium .beider Oberschulen. Studienrat Dr.Ulbricht befindet sich ,sitzend in der 1.Reihe, auf Platz 2.von rechts.

Aus dem Lehrerkollegium sind neben Dr.Ulbricht die Studienräte Stumme, Carlin, Maiß , Reuthner und der Oberstudiendirektor Adam zu erkennen .







Jungmannen des KH mit dem Lehrerkollegium beider Fürstenwalde Oberschulen



Diese Aufnahme stammt etwa aus dem Jahre 1938.

Zu sehen sind die "Jungmannen„ des KH mit dem Lehrerkollegium beider Fürstenwalde Oberschulen. Von den Lehrkräften glauben wir folgende Personen identifizieren zu können:.

Ausgehend von der Dame in Schwesterntracht : nach rechts ,sitzend :Studienräte Fraatz, Dr,Ulbricht , Reuthner nach links,sitzend: xy, OStD Adam, x,y,z, StR Franz Maiß oben rechts (hinter der Säule hervorlugend) StR Georg Müller







Gruppenfoto 1940 mit Müttern




Dieses Gruppenfoto , das in das Kriegsjahr 1940 datiert wird , zeigt neben den „Jungmannen“ des Internats „Kameradschaftsheim(KH)“ und dem Lehrerkollegium beider Oberschulen eine ganze Reihe von Angehörigen , vor allem Mütter der „Jungmannen“. Dr.Ulbricht ,2.Reihe stehend ,3.von rechts






Ausriß aus der Fürstenwalder Zeitung vom 30.10.1937



Am 29.10.1937 wurde das 60. Jahr des Bestehens des Fürstenwalder Gymnasiums gefeiert.

In der Festrede des strammen Nationalsozialisten Studiendirektor Adam , der nach der Machtergreifung der Nazis den sozialdemokratischen Direktor Dr. Tacke abgelöst hatte , wurde lediglich mit einem einzigen dürren (!) Satz , ohne jede lobende Bemerkung , erwähnt, daß StR Dr. Ulbricht über 27 Jahre am Gymnasium gewirkt hat.

Auf Studienrat Fraatz , der zu diesem Zeitpunkt auf 31 Dienstjahre zurück blicken konnte, ging Studiendirektor Adam dagegen in einer ausführlicheren Eloge ein. Wegen seiner politischen Passivität – mit seiner nichtkonformen Haltung zum Nationalsozialismus tarnte er auf diese Weise sich vermutlich geschickt - wurde Dr. Ulbricht nicht mehr befördert, sodaß andere Lehrerkollegen , die weit geringere Dienstjahre aufzuweisen hatten , ihn in der Karriere überflügelten. So z.B. Studienrat Georg <Orge>Müller , der 1943 zum Oberstudienrat ernannt wurde, obwohl er weit weniger Dienstjahre als Dr,Ulbricht aufzuweisen hatte.

„Calle“ Ulbricht, wie er von seinen Schülern liebevoll genannt wurde, unterrichtete im Dritten Reich jedoch weiter.





Von 1931-1939 war sein Sohn Wolfgang Schüler des Gymnasiums und hatte auch bei seinem Vater Unterricht. Der behandelte ihn streng und korrekt und verlangte von ihm immer mehr als von den anderen. Schülern.


Dr.Ulbricht zeigte in seinen Unterrichtsstunden Sinn für Scherze und liebte die Ironie. Seine spontanen , meist ironischen , gelegentlich aber auch derben Aussprüche waren berühmt und wurden von Schülern aufgezeichnet und gesammelt.

Erinnerungen von Manfred Bennewitz, Lehrer i.R., Limsdorf Von 1939 bis 1944 Aufbauschüler
Erinnerungen von Hanfried Opitz em. Prof. , Halle Saale
Erinnerungen von Hanfried Opitz em. Prof. , Halle Saale


Aus einem Brief Hanfried Opitz# an Alfred Wegewitz


Handschriftliche Bestätigung des Abi-Zeugnisses


Erinnerungen von Hans-Dieter Rösler, em. Prof. Rostock, Aufbauschüler von 1939 bis 1944























Als Klassenleiter organisierte er Fahrten, Theaterbesuche und Exkursionen.

Von seinem Familienleben ist bekannt, daß er mit seiner Frau und seinem Sohn Wolfgang viele Reisen unternahm..

Die Ulbrichts erholten sich u.a. auf Rügen, im Riesengebirge und in Tirol.

Er war sehr naturverbunden. Geselligkeiten mochte er nur bedingt.

Kinofilme interessierten ihn überhaupt nicht.

Frau Ulbricht verhielt sich , was die politische Einstellung der Familie widerspiegelt , gelegentlich gefährlich „provokant“ :So kaufte sie nach den antijüdischen Progromen im November 1938 in jüdischen Geschäften ein, vor denen SA-Posten aufgestellt waren.

Sie wird als eine nette, redselige und sehr couragierte Frau geschildert. Der Fürstenwalder NSDAP-Kreisleiter versuchte sich an Frau Ulbricht , die nie berufstätig war , zu rächen..

Als von Nazi-Propagandaminister Josef Goebbels der „Totale Krieg“ proklamiert wurde, mußte sie zwangsweise mit russischen Fremdarbeiterinnen in dem Rüstungsbetrieb Fa. Pintsch arbeiten.

Ihr Sohn Wolfgang , der nach einer schweren Kriegs-Verwundung nicht mehr fronttauglich war und in Berlin ein Medizinstudium aufnehmen konnte , erwirkte jedoch die Befreiung seiner Mutter von der Zwangsarbeit.




Die politischen Zustände während der Kriegszeit in Aufbauschule und Gymnasium gibt ein Bericht des damaligen aus Ückermünde in das Internat KH gekommenen Schülers Frank Wagner wieder.

Diesen Verhältnissen war auch Dr.Ulbricht ausgesetzt, denn bei den sog. montäglichen „Morgenfeiern“ saß er mit im Lehrerkollegium in der Aula vor den Schülern,


Erinnerungen von Frank Wagner em.Prof. ,Berlin, Aufbauschüler von 1941 bis 1944


Seite 153 aus dem Buch von Lothar Scholz: „Der verratene Idealismus“ ISBN 3806111618 Erinnerungen an den Lateinlehrer „Calle“ also Dr,Ulbricht































Anfang 1945 wurde der Unterricht an allen Fürstenwalder Schulen eingestellt. Die sowjetischen Truppen hatten die Oder erreicht und die Schulgebäude wurden von der Wehrmacht in Anspruch genommen. Viele ältere Lehrer mußten in den letzten Kriegstagen noch zum Volkssturm einrücken ,und kamen dann z.T. bei den einsetzenden Kämpfen im April 1945 ums Leben oder gerieten in sowjetische Gefangenschaft.

Dr. Ulbricht entging der Einberufung zum Volkssturm glücklicherweise durch sein Alter von damals 61 Jahren.


Ende des 1.Teils der Biographie

Nachsatz: Schicksal der Lehrerkollegen des Dr.Ulbricht (Mitteilung von Rudolf Oßwald †)

Mitteilung von Rudolf Oßwald +