Historischer Spaziergang im Fürstenwalder Stadtforst

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Eine historische Wanderung im Stadtforst Fürstenwalde (Hans-Jürgen Woldt)[Bearbeiten]

Die Reviere im Fürstenwalder Stadtforst

Von der Braunsdorfer Chaussee kommend durchquert man einen Teil des Forstreviers „kleine Tränke“ in Richtung Große Tränke und überquert dort den Oder-Spree-Kanal. Er ist die Grenze zum Forstrevier „Buchte“, welches wiederum durch die Spree vom Revier „Kleine Heide“ abgegrenzt wird.

Eine historische Wanderroute

Überquert man den breiten Weg in Richtung Norden, führt ein Weg in einem Linksbogen in den Wald. Er schlängelt sich als „Küchengestell“ immer parallel zur Spree in westliche Richtung. Hier gelangen wir zu einigen Örtlichkeiten, die Auskunft über bedeutende historische Ereignisse der Stadt Fürstenwalde geben.

Nach knapp 3 km erreicht man das erste Ziel, die Torfgrabenbrücke. Links und rechts des Weges befindet sich ein markanter Geländeeinschnitt, der nach rechts zur Spree führt. Dieser ca. 2.26 km lange und um die 5 m tiefe Graben führte vom Stadtluch zur Spree. Er diente der Entwässerung und Torfgewinnung im Stadtluch Große Heide. Die Idee dazu entstammte dem königl. Generaldirectorium bereits um 1760. Mit dem Bau begonnen wurde aber erst um 1804

Zur Torfgewinnung im Stadtluch schreibt Dr. Goltz: „Eine neue Hülfsquelle, den Bedarf der Commune herbeizuschaffen, und das nöthige Capital zur Abtragung der Schulden zu erlangen, scheint sich dadurch geöffnet zu haben, daß die Commune den Entschluß faßte, das 278 Morgen große Torfluch in der großen Heide durch einen bedeutenden Abzugsgraben trocken legen zu lassen, und es steht zu hoffen, daß diese Operation den gewünschten Erfolg haben werde.“[1]

Die Reste der Torfgrabenbrücke und der Torfgraben

Mit der Entdeckung der Kohle in den Rauenschen Bergen und deren Abbau ab ca. 1842 verlor der Torfgraben seine Bedeutung für die Schuldentilgung der Stadt. Mit dem Bau des Oder-Spree-Kanals (Inbetriebnahme 1891) wurde der Torfgraben zwischen Luch und Spree vom Kanal durchschnitten und durch Kanalaushub teilweise zugeschüttet.

Folgen wir jetzt weiter dem Küchengestell für weitere ca. 2 km, gelangt man an eine Wegkreuzung mit dem Zettelberggestell. Folgt man diesem Zettelberggestell nach Norden, steht man nach wenigen Metern vor einem Hügel – dem Zettelberg. Zum Anfang bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts (ca. 1609 – 1670) wurde durch kaveln um die Nutzung der Wiesen per Losverfahren entschieden. (kavel - aus dem Niederländischen bzw. Plattdeutschen = Ackerstück, Parzelle, Los) Ausgangspunkt war der Zettelberg auf der südlichen Spreeseite heute etwa gegenüber der Straße „An der Priesterwiese“ in ehemals Fürstenwalde West. Dr. Goltz schreibt dazu in seiner Chronik: „Wir wenden uns zu den Wiesen, welche zur Stadt Fürstenwalde gehören. Kein Mangel ist bei uns an stolzen Wiesen-Feldern, die mit Vergnügung wir sehn bei und in den Wäldern. Die Wiesen erstrecken sich auf viele Meilen; und die Heukavelung ist ein Bürgerfest. [1] Der heutige Blick vom Zettelberg dürfte der Goltzschen Schilderung nicht mehr entsprechen. Zur Zeit Lotichius‘ wird noch kein Wald den weiten Blick über die Wiesen und über die etwas südwestlich des Zettelberges befindlichen Menschenmenge verstellt haben. Wenn man aber mit der Schilderung im Hinterkopf auf dem Zettelberg steht, kann man es sich sehr gut vorstellen.

Blick vom Zettelberg in Richtung Fürstenwalde

Zurück zum Küchengestell folgen wir diesem weiter in Richtung Westen und gelangen so nach ca. 2 km an eine sternförmige Wegkreuzung. Hier ungefähr befand sich das Forsthaus Buchte. Heute sind dort nur noch schemenhafte Fundamentreste zu finden. Etwas weiter in Richtung Westen liegt das Ziel unserer Wanderung, der Herrentisch. Noch heute ist diese große Freifläche westlich der Mönchwinkler Spreebrücke ein beliebtes Ausflugsziel mit Grillplatz und Bänken.

Hier können wir uns wieder in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurückversetzen lassen, denn nach dem Kaveln gingen Honoratioren und Ratsherren ein Stück in Richtung Kirchhofen uber die Wiesen, um sich am „Herrentisch“ zu einem zünftigen Ess- und Trinkgelage einzufinden. Hier wurde aufgetischt und die Verteilung der Wiesenflächen gebührend begangen. Dass sich Leute versuchten, in „bessere Kreise einzuschleichen“, ist, wie Lotichius und Goltz schreiben, offensichtlich kein neues Phänomen.

Unser poetischer Führer schildert uns diese Wiesenfeier

   Des Heues wird, Gott Lob, so viel nur wird begehrt
   Der Wiesen Nutzen ist viel tausend Krohnen wehrt.
   Mit den muß keiner nicht, wie ihm es gut dünkt, walten;
   Der Rath stellt Ordnung an, wie man sich sol verhalten:
   Ein jeder laufft früh aus dort hin, da ihm bekant
   Der allgemeine Ort, der Zettel-Berg genant.
   Wann nun die Bürgerei sich dort hat eingestellet, 
   Wird umb die Grafung fort ein gleiches Loß gefället,
   Die Zetteln hebt man aus (das Loß wird so beliebt!)
   Ein jeder kriegt das Stück, welchs ihm sein Name giebt.
   Dann jeder Zettel, der hält seinen eignen Namen;
   Das Graß ist eingetheilt, mit Numern allzusammen:
   Auff welchen Numer des und dessen Name fällt,
   Da ist das eigen Graß, daß der und der behält.
   Drauff fährt der Rath nun fort bei einer Meilen weiter,
   Schaut, was der Koch geschafft, der Küchen-Zubereiter,
   Bey dem vor Alters so genannten Herren Tisch,
   Allda wird auffgesetzt, Brodt, Bier, Wein, Fleisch und Fisch
   Nach essen hat man frei, frisch zum Confect zu greiffen,
   Darbei sind vorgelegt zwar Pfeiffen, doch nicht Pfeiffen,
   Nur die, so tat des Thons versetzen guten Rauch, -
   und geben für den Schall den Wolcken-dicken Schmauch.
   und dieses Wiesen-Mahl ist wenigen nur zu Ehren;
   Doch dringen sich itzt ein, die nicht darzu gehören:
   Ihr Mißbrauch ist so weit und tieff gerissen ein,
   Daß er kaum ohne Streit wird abzuschaffen sein.
   Ich lobe noch den Brauch der abgelebten Alten,
   Die kunten Gasterey bei ringer Einkunft halten:
   So weit das Lösegeld nur wolt erstrecken sich,
   Da wurden von tractirt, Sie, Dieser, Der und Ich. [1]

Zurück zur Großen Tränke kann man über das Heugestell schnurgerade in Richtung Osten wandern.

Die beiden Gestelle Heugestell und Küchengestell dürften so ziemlich die ältesten Wege durch den Stadtforst sein. Das Küchengestell hat höchstwahrscheinlich seinen Namen vom Transport der Speisen und Getränke von Fürstenwalde zum Kavelgelage am Herrentisch erhalten. Das Heugestell diente mit großer Wahrscheinlichkeit dem Abtransport des Heus von den Wiesen der Fürstenwalder. Die heutige Beschilderung von Zettelberggestell, Heugestell, Küchengestell, Torfgraben und andere, verdanken wir unserem Stadtforstdirektor Thomas Weber.